Indische Beobachtungen 8 – Stellung der Frau, Jahrmarkt, Spucken

Indische Beobachtungen

Stellung der Frau

Selbst ein flüchtiger Beobachter merkt schnell, dass Frauen in Indien einen gänzlich anderen Status haben als in Europa. Gleich an meinem zweiten Tag in Indien erlebte ich eine Situation, die Bände sprach: Ich war bei einem Couchsurfer zu Gast, der mit seinen Eltern zusammen wohnte. Ich wurde zum Essen eingeladen und fragte als guter Gast natürlich vorher, ob ich irgendwie helfen könne. Die Mutter meines Couchsurfers lächelte mich nur breit an und meinte: „Du kannst mir helfen, indem du isst!“ Das Essen begann, doch ich wunderte mich, dass nur ich, mein Couchsurfer und sein Vater aßen – die Mutter saß nur daneben und hat überwacht, bei wem sich der Teller leerte und dann immer prompt nachgefüllt, sobald das Dal, das Curry oder die Rotis zur Neige gingen. Als wir fertig waren, hat sie die Teller weggeräumt und anschließend ganz alleine gegessen.

Derartige Situationen sind mir immer wieder begegnet, da ich durch Couchsurfing bei vielen indischen Familien zu Gast war. Das Erstaunliche dabei war, dass die viele meiner (männlichen) Couchsurfer gebildete, aufgeschlossene und weltoffene Menschen waren – doch zu Hause haben sie ganz klassisch im Sessel gesessen und die traditionellen Rollenbilder reproduziert: Der Mann ist der Herr im Haus, gibt seiner Frau oder seiner Mutter Anweisungen und die hat dann zu tun, was er sagt.

Wenn ich als Gast bei indischen Familien von Frauen bedient wurde, habe ich immer innerlich geschwankt, denn auf der einen Seite ist man natürlich bequem und freut sich, wenn man als Gast verwöhnt wird, auf der anderen Seite hasse ich es, von anderen Menschen bedient zu werden, so als wären sie in der Rangordnung unter mir. Ich habe gelegentlich in etwas besseren Restaurants in Indien gegessen und habe mich da immer unwohl gefühlt: Diese ängstliche Unterwürfigkeit, mit der man von den Kellnern bedient wird und die einem jeden Handgriff abnehmen wollen, ist einfach nur unangenehm.

Eine Situation, die mich besonders erschreckt hat, habe ich bei meinem zweiten Couchsurfer in Kochi erlebt: Er hatte eine große Wohnung, in der auch seine über 70-jährige Mutter gelebt hat. Ich hab sie den ganzen Tag fast nichts tun sehen, außer im Sessel zu sitzen und ab und zu was zu kochen oder sauber zu machen. Sie hat nichts gelesen, kein Radio gehört und kein Fernsehen geschaut – außer Hausarbeit schien sie keine Hobbys zu haben. Wenn sie mir Essen und Tee gebracht hat, habe ich mich immer artig bedankt (indische Männer bedanken sich nie, sondern nehmen ganz selbstverständlich das Essen entgegen ohne die Frau eines Blickes zu würdigen).

Einmal habe ich mir dann nachts ein paar Cornflakes mit Milch in der Küche gemacht und da gegessen. Als ich das der Mutter am nächsten Tag erzählt habe, meinte sie: „Ach, du hättest mich doch wecken können! Wenn du was brauchst, weck mich einfach und ich bringe es dir.“ Für mich als Feminist ein echter Schock – was für ein Selbstwertgefühl muss diese Frau haben??

Von Frauen wird ganz selbstverständlich erwartet, dass sie nach der Geburt des ersten Kindes Hausfrau werden, egal ob sie studiert haben oder davor gearbeitet haben. Auch die Frau von meinem Farm-Host nahe Udupi hatte studiert, doch sie hat halt den ganzen Tag nur Hausarbeit gemacht, gekocht, gewaschen und sich nachmittags Kochsendungen angeschaut.

Auch das Aussehen vieler Frauen spricht Bände: Jeder kennt ja die bunten Saris und Kleider, die viele indische Frauen und Mädchen tragen – sie wirken darin immer ein wenig wie Prinzessinnen, und dementsprechend „klassisch“ erzogen werden sie halt auch. Ich habe indische Frauen in der Öffentlichkeit immer als sehr passiv und zurückhaltend erlebt: Während man als Europäer von indischen Männern und männlichen Jugendlichen in einer Tour angequatscht und unverblümt angelotzt wird, gehen Frauen immer still und gesenkenten Blickes an einem vorbei. Auch bei vielen öffentlichen Veranstaltungen und Feiern sieht man oft nur Männer, Frauen und Mädchen stehen allensfalls am Rand in Gruppen zusammen und schauen zu.

Es sind alles relativ harmlose Beispiele, aber sie weisen auf einen unübersehbaren Fakt hin: Frauen sind in Indien Menschen zweiter Klasse.

Ich war einmal Zeuge eines religiösen Rituals in einem Tempel in der Nähe von Udupi, zu dem viele schwangere Frauen hingegangen sind. Sie haben dann mit einem Priester zusammengessen, der sein Brimborium gemacht hat und haben irgendwelche Sätze nachgesprochen. Ich war erst nur mäßig interessiert, bis mir mein indischer Host erklärt hat, wozu das Ritual dient: Es war eine Art Bitte an die Götter, der Schwangeren einen Sohn zu schenken (und natürlich allgemein ein gesundes Kind zur Welt zu bringen, aber es ging schon darum, einen Sohn zu bekommen). Wie sich Mädchen angesichts solcher Rituale fühlen müssen, kann ich nur erahnen, schließlich wird ihnen vermittelt: Eigentlich wollten wir dich gar nicht.

Auch das ist ein relativ harmloses Beispiel, das jedoch auf ziemlich dramatische Hintergründe hinweist: Die Geburt eines Mädchens ist (vor allem auf dem Land) oft unerwünscht, da sie eine wirtschaftliche Belastung für die Familie darstellt. Das hängt u.a. mit der immensen Mitgift zusammen, die bei einer Hochzeit von der Familie der Frau aufgebracht werden muss – doch zum Thema Heirat und arrangierte Ehen werde ich nochmal gesondert schreiben.

Die Konsequenz davon ist, dass viele weibliche Föten gezielt abgetrieben werden, pro Jahr schätzungsweise zwischen 3 – 4 Millionen. Es soll sogar passieren, dass weibliche Säuglinge in manchen Fällen nach der Geburt getötet werden. Dadurch gibt es in Indien auch insgesamt einen Männerüberschuss, vor allem in manchen ländlichen Gegenden ist das Ungleichgewicht sehr groß.

Kurz: Indischen Frauen wird an allen Ecken und Enden vermittelt, minderwertiger zu sein als Männer. Die indische Gesellschaft ist zutiefst patriarchalisch und Ehemänner sehen ihre Frauen oft quasi als ihr Eigentum an. Angesichts solcher Vorraussetzungen ist auch die hohe Zahl von Vergewaltigungen, die in Indien täglich geschehen, leider nicht verwunderlich.

 

Jahrmarkt

Während meines Aufenthaltes in Bodhgaya hat mich mein indischer Host einmal zu einem Jahrmarkt mitgenommen. Mein erster Eindruck war ein negativer: Natürlich waren wie immer viel zu viele Menschen da, es herrschte dichtes Gedränge, und zu den „Hauptattraktionen“ zählten Bühnen, auf denen zu ziemlich schlimmem indischen Pop-Techno irgendwelche 16-jährigen Mädels getanzt haben, die dann von hunderten Leuten angegafft wurden.

Andere Sachen hingegen waren wieder ganz cool, zum Beispiel die Schau-Stockkämpfe, die ein paar Männer gemacht haben. Ein paar Jugendliche haben ein Spiel veranstaltet, bei dem man einen Holzstock in die Hand bekam, dann wurden einem die Augen verbunden und man musste einige Meter auf einen Tontopf zulaufen der am Boden lag und dann versuchen den zu zerschlagen – hat fast nie geklappt, die Leute wurden da ziemlich abgezogen, aber alle hatten trotzdem ihren Spaß.

Wenn man sich auf das Gewusel eingelassen hat, war es wirklich faszinierend, das bunte Treiben zu beobachten: Zwischen den Besuchern saßen immer wieder Leute auf einer Decke am Boden und bereiteten Snacks zu oder rösteten Nüsse, einige LKWs waren zu Bühnen mit großen Lautsprechern umfunktioniert worden und manövrierten immer wieder in der Menge herum, während sich alles drum herum drängte – ein herrliches Chaos!

Unter den Besuchern waren Leute, die mit teils zwei Meter langen Zuckerrohrstangen in der Hand rumgelaufen sind und die dann so nach und nach als Snack runtergekaut haben (natürlich nur einen Teil der Stange). Ist ziemlich lecker (die Schale muss man vorher abpulen), auf der Farm bei Udupi hab ich auch mal so ein Stück Zuckerrohr zerkaut. Bio-Zuckerwatte quasi.

Spucken

Mit dem Spucken in Indien verhält es sich ein wenig wie mit dem Hupen: Während man es in Deutschland nur gelegentlich macht, tun es die Inder am laufenden Band. Spucken in der Öffentlichkeit ist ein regelrechter Volkssport, vor allem in der männlichen Bevölkerung. Und was für Schwälle manche Leute auf die Straße rotzen! Gerade im dichten Stadtgedränge finde ich es immer wieder unangenehm, wenn mir jemand direkt vor die Füße spuckt. Auch bei Busfahrten ist das ein Problem: Ich fahre fast immer mit den normalen Linien-Bussen ohne Klimaanlage, sprich, die Fenster sind immer offen. Wenn man am Fenster sitzt und jemand, der vor einem sitzt, aus dem Fenster spuckt, kann man schon mal ein paar Spritzer davon abbekommen.

Ich habe immer wieder versucht herauszufinden, ob es für diese Spuckeritis irgendeinen besonderen Grund gibt; in China beispielsweise wird ebenfalls sehr viel gespuckt, weil es als gesund gilt. In Indien scheint es aber einfach nur eine Angewohnheit zu sein. Allerdings gehen die Behörden mittlerweile gegen das öffentliche Spucken vor; vor allem in großen Bahnhöfen sieht man oft Schilder wie dieses:

200 Rupien fürs Spucken - entspricht etwa drei Euro (für viele Inder schon eine Menge Geld)

200 Rupien fürs Spucken – entspricht etwa drei Euro (für viele Inder schon eine Menge Geld)

Ob wirklich mal jemand dafür bestraft wird, kann ich nicht sagen. Die Verbote wurden aber weniger aus ästethischen Gründen erlassen, sondern aus gesundheitlichen: Zum einen können durch die ganze Spucke natürlich diverse Krankheiten übertragen werden. Noch wichtiger ist allerdings die Eindämmung des Kautabak-Kauens, was nämlich eine der Ursachen für das viele Spucken ist: Dieser Kautabak heißt „Gutkha“ und wird an allen möglichen Straßenständen verkauft. Wer sich die kleinen Päckchen anschaut, sieht darauf ziemlich eklige Fotos von zerfressenen Mundhöhlen, denn tatsächlich ist Gutkha sehr krebserregend. Millionen von Indern kauen das Zeug und leider gilt Indien auch als das Land mit der weltweit höchsten Mundkrebsrate.

Gutkha hat eine trockene, bröselige Konsistenz und man kann immer wieder Leute auf der Straße beobachten, wie sie die Kautabak-Mischung in der Hand halten und mit der anderen Hand leicht daraufklopfen, verreiben und wieder draufklopfen. Mein indischer Host in Bodhgaya hat mir mal erklärt, warum man das tut: Dadurch sollen Staub und Schadstoffe aus dem Gutkha „rausgeklopft“ werden, die krebserregend sind. Ich bezweifle, dass das funktioniert – klingt für mich eher wie gesundheitlicher Selbstbetrug. Laut Wikipedia ist Zeug die reinste Chemie und im Grunde nichts anderes als Gift.

Doch nicht nur das Kauen von Gutkha sondern auch von Betel-Nüssen ist überaus beliebt (tatsächlich besteht auch Gutkha zum Zeil aus zermahlenen Betel-Nüssen): Diese Nüsse werden zusammen mit gelöschtem Kalk oft den ganzen Tag lang im Mund behalten und gekaut. Das Betel-Kauen färbt Zähne und die Mundhöhle rötlich, was manchmal ziemlich gruselig aussieht: Am Anfang meiner Indien-Reise wusste ich das mit den Betel-Nüssen noch nicht und hab öfters Leute gesehen, deren Lippen und Zahnfleisch ganz rot aussahen, als würden sie im Mund bluten. Auch die Betel-Spuckflecken die man überall auf der Straße sehen kann, wirken auf den ersten Blick wie Blutflecken.

Leider lassen sich die Flecken nicht so leicht entfernen, weshalb man sie überall noch tagelang sehen kann:

Was bei uns die Kaugummis sind...

Was bei uns die Kaugummis sind…

Das Betel-Kauen fördert den Speichelfluss erheblich und ist deshalb auch ein Grund für das ganze Gespucke. Betel-Nüsse wirken ähnlich wie Nikotin und machen auch ähnlich süchtig. Zudem wirken sie appetitzügelgnd – möglicherweise eine Erklärung dafür, warum so viele Inder so hager sind. Ich selber hatte sie bislang nur einmal in Kombination mit Paan im Mund (siehe Indische Beobachtungen 7). An den Geschmack kann ich mich nicht erinnern, ich weiß nur, dass sie steinhart waren und ich sie deshalb schleunigst wieder ausgespuckt habe – auf offener Straße, wie es sich gehört…

5 Gedanken zu „Indische Beobachtungen 8 – Stellung der Frau, Jahrmarkt, Spucken

  1. Ich finde ja immer so pauschal ‚die Frau wird benachteilligt und unterdrueckt weil sie zu Hause bleiben muss‘ viel zu voreingenommen und nicht differenziert genug betrachtet.

    Nicht das ich eine Unterdrueckung der Frau nicht sehe oder ausschliessen will, aber man sollte halt zum Vergleich auch die (Zwangs-)Rolle der Maenner betrachten: (Vergewaltigungen sind natuerlich aussen vor, das ist _immer_ schrecklich und gehoert bestraft)

    – wie stehen Maenner in der indischen Gesellschaft die keinen Job haben oder nicht genug Geld fuer Frau und Kinder verdienen?
    – koennen Maenner ohne Verlust von Ansehen in der Gesellschaft zu Hause bleiben und sich um die Kinder kuemmern? (was man als Privileg betrachten kann wenn man will)
    – stehen Frauen wirklich mehr unter Druck als Maenner, oder wird einfach nur jeder noch sehr stark in seine Rolle gedraengt und hat keine Wahl (aber sozusagen gleichberechtigt da der Zwang wenn auch unterschiedlich so doch fuer beide Seiten besteht)
    – Kommt dieses Rollenverhaeltnis wirklich aus dem Ansporn Frauen zu unterdruecken, oder hat es sich vielleicht eher daraus entwickelt das man die Frauen beschuetzen wollte/will vor dem Druck & Haifischbecken des Kaptilismus?

  2. Jans Punkte finde ich sehr treffend. Die Diskriminierung findet in beide Richtungen statt, das fällt uns nur nicht so sehr auf, weil ein „im kapitalistischen System schuften bis man mit 70 am Herzinfarkt verreckt“ von uns aus unerfindlichen Gründen als Privileg betrachtet wird. Klar ist es für uns gruselig, wie diese Oma sich über das Versorger-Dasein definiert, aber was ist daran schlechter als in die Rolle des starken, nicht weinenden, toughen Arbeitstieres gedrängt zu werden?
    Männer sterben früher, kommen öfter gewaltsam ums Leben, die Liste der Nachteile ist echt lang. Sollte Gleichstellung bedeuten, dass Frauen jetzt die gleichen Nachteile auch bekommen? Sich nicht entscheiden zu können ist immer Kacke, beide Rollen sind als Zwang Mist. Eine gesunde Mischung macht Sinn, und vor allem das Recht, sich selbst entscheiden zu können. Da wir in Deutschland davon weit entfernt sind, ist Kritik an Indien da recht überheblich.
    Denn in Deutschland ist es doch gar nicht anders. Okay, hier werden Frauen nicht mehr als Freiwild angesehen und Vergewaltigungen sind geächtet, immerhin.
    Aber ich erleb gerade einen Kulturschock. Ich bin aus dem Raum Berlin nach Schwaben gezogen. Hier sind z.B. viele Kindergärten Mittags zu, da holt Mama die Kids zum Mittagessen heim. Weil Mama nunmal Zuhause ist und sich um Heim, Herd und Kids kümmert. Das ist in den meisten Haushalten hier so, mindestens für einige Jahre, muss ja, wer soll es sonst machen? Der Mann? Der Mann, von dem man sagt, dass er babysittet, wenn er sich mal einen Abend lang um seine eigenen Kinder kümmert? Bei dem alle gleich beeindruckt sind, wenn er ein Babyjahr macht (weil es eben in unserer Gesellschaft etwas besonderes ist)? Wir sind hier nicht im PrenzlBerg! Wenn mein Mann mit den Kids beim Turnen und Ballett und den KiGa Veranstaltungen ist, ist er oft der einzige Mann.

    Arg, ich merk schon, ich komm von Höckchen auf Stöckchen. Belassen wir es dabei. Ich finde übrigens zu dem Thema „Gleichberechtigung für alle“ die Comics auf dem Blog https://erzaehlmirnix.wordpress.com/ klasse.

    Zum Thema Gesundheit wollte ich noch etwas sagen: Hier bei uns ist es halt Alk, Kippen und immer mehr auch Kiffen. Aber Drogenkonsuum gibt es hier nicht weniger. Weniger fühlen und denken können ist für alle wichtig, für Arme Menschen natürlich mehr, dass Drogen da offener genutzt werden, war mir auf Lanzarote aufgefallen. Hier trinkt Mutti heimlich ihr Pikkolöchen. Da kaut man Betel…

    Auch Veranstaltungen bei denen Teenies angegafft werden sind überall normal, wen soll man auch sonst angaffen, vierzigjährige Kerle? Frauen wollen so sein wie die, Männer wollen die ***, das ist Instinkt. So funktioniert Werbung. Ich find nicht die Psychologie doof, die ist halt so, aber Werbung find ich doof.

    Anyway. Das Männer-Frauen Thema beschäftigt mich seit ich Kids hab sehr…

  3. Wie gesagt stellen diese Beobachtungen meine subjektiven Eindrücke dar und keine wissenschaftlichen Analysen. Ich kann aus den drei Monaten, die ich hier war, einfach nur dieses Fazit ziehen, so ist die Gesellschaft hier für mich rübergekommen.

    Ich werfe Männern nicht vor, dass sie quasi verschwörungsmäßig die Frauen unterdrücken, das ist historisch so gewachsen. Das heißt aber nicht, das man es nicht kritisieren kann. Ich habe auch an keiner Stelle gesagt „das ist in Deutschland/Europa natürlich völlig anders und alles viel besser“.

    Dann noch zu den Punkten, dass auch Männer unter diesem System leiden: Das ist vollkommen richtig, und ich sage ja auch immer, dass durch Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit auch die Männer enorm viel zu gewinnen haben. Dennoch kann man das eine nicht mit dem anderen aufwiegen, sicher leiden auch Männer unter diesem ganzen System, doch dieses Leiden ist um ein Vielfaches geringer als das der Frauen und nicht das vordringliche Problem, um das es sich zu kümmern gilt. Als erstes müssen auf Seiten der Frauen in Indien viele Probleme gelöst werden, und dabei müssen die Männer mitgenommen werden.

    Die Ritterlichkeits-These „Männer wollen Frauen nur vor der rauen Welt des Kapitalismus beschützen“ ist eher eine nachträglich erdichtete, würde ich sagen. Das war glaube ich nicht die Hauptursache dafür, dass Frauen aus der Berufswelt sowie aus der Welt von Wissenschaft und Politik usw. herausgehalten wurden.

    Zum Thema Gesundheit & Volksdrogen: Auch hier habe ich nicht gesagt, dass das ja in Europa alles viel besser ist, im Gegenteil. Ich habe in Folge vier von „Indische Beobachtungen“ ja schon erwähnt, dass Bier und Alkohol nur eine sehr geringe Rolle in der indischen Kultur spielen, und das gehört zu den Dingen die mir sehr gut gefallen in Indien (gerade wenn ich an Deutschlands oft agressives Nachtleben denke, egal ob in der Hauptstadt oder aufm Dorf).

  4. Natürlich, sorry. Ich war auch nie davon ausgegangen, dass du eins der Systeme für besser oder schlechter hälst, ich wollte nur nochmal betonen wie überrascht ich war, dass wir hier eben auch nicht viel weiter sind und wie wenig stark doch die Unterschiede sind.
    Und das Männer Frauen beschützen wollen hat auch keiner behauptet. Das halte ich auch für Quatsch. Aber ich find halt komisch, wie Hausfrau sein immer als die Hölle dargestellt wird und Ernährer sein als total cool. Ich hab nicht ohne Grund schon von vielen Kumpels mal gehört, dass sie gern Hausmänner sein würden, und sich lieber von einer gut verdienenden Frau „abhängig“ machen als sich den Stress im Job zu geben. (Die haben aber auch noch keine Kinder und wissen nicht, wie der Stress ist).
    Schätze wir sind uns da einig, dass das historisch gewachsene für alle Mist ist und geöndert gehört.
    Das war alles, was ich ausdrücken wollte. ;-)

    • Ich will Hausfrauen auch nicht abwerten, ich habe wahnsinnigen Respekt vor allen Menschen, die Kinder erziehen (wie ich schon mal in diesem Post ausführlich ausgeführt hatte: http://elfenbeinbungalow.de/2012/11/11/arbeitslosigkeit-gibt-es-nicht/)

      Viele Frauen und Männer gehen im Hausfrauen/Hausmänner-Dasein total auf, die Frage ist halt immer, ob man sich das aussuchen kann. Und in Indien ist das meist nicht der Fall. Wie gesagt: Sobald du in Indien ein Kind bekommst, wird automatisch von dir erwartet, Hausfrau zu werden, egal ob du studiert hast oder sonstwie ausgebildet bist oder ganz andere Pläne hast. Aber du hast natürlich recht: Auch in Deutschland ist die Vereinbarkeit von Familie und Beruf noch bei weitem nicht da, wo sie sein könnte.

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