Indische Beobachtungen Spezial 2 – Couchsurfer-Comics

Noch ein allerletzter Nachtrag zu Indien: Ohne Couchsurfing wäre ich einfach nur einer von tausenden anderen Touristen in Indien gewesen, und das wäre verdammt langweilig gewesen. Durch den Kontakt zu indischen Couchsurfern hingegen habe ich einen viel tieferen Einblick in die indische Gesellschaft und das Alltagsleben erhalten, wofür ich sehr dankbar bin. Dankbar war ich vor allem für die enorme Gastfreundschaft und Hilfsbereitschaft, die ich von meinen Couchsurfern erfahren durfte – ohne sie wäre ich oft wirklich aufgeschmissen gewesen!

In einigen Fällen habe ich Comics von meinen Hosts angefertigt, aber auch ein paar andere Begegnungen habe ich auf diese Weise festgehalten.

Hinweis: Normalerweise scanne ich meine Comics immer ein und bearbeite sie dann am Computer. Diesmal hatte ich natürlich keine Scanner zur Hand sondern habe die Comics immer mit meiner Digital-Kamera fotografiert. Daher ist die Bildqualität nicht immer optimal.

Ganesh

ganesh comic

Ganesh war der dritte Couchsurfer, bei dem ich zu Gast war, allerdings tat ich dies nicht als Couchsurfer, sondern als Freiwilligenhelfer auf seiner kleinen Farm, auf der ich fünf Wochen gewohnt und gearbeitet habe. Es war eine sehr entspannte und interessante Zeit, wir haben oft auf der Veranda vor seinem Haus gesessen und lange Gespräche geführt. Ganesh war sehr an kulturellem Austausch interessiert und so erzählte ich ihm alle möglichen Dinge über Deutschland, die für ihn total neu waren. Im Gegenzug erzählte er mir extrem viele Dinge über Indien und beantwortete meine Fragen über Dinge, die ich nicht verstand. Ich habe in dieser Zeit extrem viel über Indien erfahren und war danach viel entspannter bei meinen weiteren Reisen, da ich nun vieles besser verstand.

Ganesh war ein super Host: Es gab dreimal täglich warmes Essen bei ihm zu Hause, und zwar fast immer etwas anderes, da sowohl sein Vater als auch seine Frau sehr gut kochen konnten und auch er selbst ab und zu kochte. Ich habe zum Dank auch mal für sie gekocht und ihnen Rotkohl mit Bratkartoffeln und Pfannkuchen mit Apfelmus gemacht :) Ganesh hat mir so oft geholfen: Er hat mir Läden zum Einkaufen gezeigt, ich habe dank ihm einen sehr schönen Lungi gefunden, er hat mir die Haare geschnitten, hat mir Obst und Ingwer besorgt, als ich erkältet war, und, und, und …

Als sich mein Aufenthalt auf der Farm dem Ende neigte, habe ich überlegt, was ich Ganesh als kleines Abschiedsgeschenk dalassen könnte. Ich hatte nichts aus Deutschland mitgenommen, was ich ihm hätte geben können, doch als er mir zeigte, dass zwei russische Couchsurfer ihn und seine Familie porträtiert hatten, tat ich einfach dasselbe, nur in Comic-Form.

Nachdem ich den Comic gezeichnet hatte fiel mir übrigens auf, dass mein Porträt von Ganesh ein wenig an Apu von den Simpsons erinnerte – das war aber definitiv keine Absicht.

So kam es also zum ersten Couchsurfer-Comic in Indien. Weitere sollten bald folgen. Weiterlesen

Indische Beobachtungen 4 – Holy Shit, Bier und Telefonieren am Steuer

Indische Beobachtungen

Holy Shit

Dass Kühe in Indien heilig sind, dürften die meisten ja wissen: Sie laufen überall auf der Straße rum, verursachen Staus, knabbern gern mal die Waren von Straßenständen an und niemand tut ihnen was zuleide. Der Vater von meinem Farm-Host hatte zwei Kühe, doch sie waren schon alt und gaben keine Milch mehr. Trotzdem hat er sie weiter gefüttert und gepflegt, obwohl sie für ihn keinen direkten Nutzen hatten (außer als Abfallbeseitiger/fresser). Wenn sie noch älter werden, will er sie in einen Tempel geben: Jeder größere Tempel hat eigene Kühe, Tempel sind sozusagen eine Art Altersheim für Kühe. Stirbt eine Kuh, wird sie nicht etwa gegessen sondern begraben – wenn man sich das leisten kann. Viele Bauern sind arm und das Begraben einer Kuh wäre eine große Verschwendung, also werden sie entweder verkauft oder durch einen „Unfall“ getötet…

Was mir neu war, ist, dass sogar die Exkremente der Kühe heilig sind: Mein Farmhost zeigte mir einen alten Steinherd im Haus und erklärte mir, dass seine Frau diesen Herd regelmäßig mit Kuhdung einschmierte, da dies Bakterien fernhalten würde. Aus dem selben Grund wird auch der Boden vor dem Hauseingang wird oft mit Dung (vermischt mit Wasser) eingerieben – kurz gesagt, man macht mit (Kuh)Scheiße sauber. Auch der Urin ist heilig und gilt als gesund, es gibt viele Menschen, die ihn trinken, nachdem er gefiltert und gereinigt wurde. In dieser Form kann man ihn auch in Supermärkten kaufen (habe ich bisher aber noch nicht entdeckt).

Und natürlich gelten auch die normalen Kuh-Produkte wie Milch, Butter und Käse als heilig und gesund. Das führt (aus veganer Sicht) zu der paradoxen Situation, dass Kühe zwar nicht getötet werden, sie aber doch als Nutzvieh für Milch gehalten werden. Daher ist es in Indien zwar einfach, sich vegetarisch zu ernähren, als Veganer hingegen hat man es ziemlich schwer.

Es gibt übrigens in der indischen Oberschicht/gehobenen Mittelschicht (etwa in Mumbai) den wachsenden Trend, auch Rindfleisch zu essen. Ich vermute, dies ist ein Aufbegehren gegen den religiösen Konservatismus in Indien, ein Wunsch der jungen Generation, sich von ihren Eltern abzuheben. Für diese Theorie spricht auch folgendes Plakat, das ich in Panjim (Goa) gesehen habe:

Die "Campaign against Fanaticism" der Popular Front of Judäa- äh, India

Die „Campaign against Fanaticism“ der Popular Front of Judäa- äh, India

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