Arbeitsverweigerung als Design – Vom Niedergang der Science Fiction-Illustration

Arbeitsverweigerung als Design

Warum heutige Buch-Cover mir selbst gute Science Fiction vergällen, welche Cover man kaum noch voneinander unterscheiden kann und warum viele gegenwärtige Illustrationen die Zukunft zu einem langweiligen Ort machen

Ich war vor ein paar Tagen bei einer kleinen Veranstaltung in meiner Leib- und Magen-Buchhandlung, dem Otherland in Berlin: Hier fand am Freitagabend ein sehr interessantes und nostalgisches Gespräch zwischen den deutschen Science Fiction-Legenden Werner Fuchs und Hardy Kettlitz statt.

Als einige alte Bücher und Magazine unter den rund 30 Anwesenden herumgereicht wurden, war es unvermeidlich, deren phantasiereiche Cover zu bewundern, gegen die uns viele der heutigen Buch-Cover im SF- und Fantasy-Bereich ziemlich einfalls- und lieblos vorkamen.

Ein Besucher erzählte von einer frühen deutschen Ausgabe von „Das Lied und Eis und Feuer“ von George R. R. Martin, die mit einem hässlichen grünlichen Cover daherkam. Er fand es so schlecht, dass er keine Lust hatte, die Bücher zu kaufen. Erst einige Zeit später, als es ihm immer öfter empfohlen wurde, hat er sich überwunden und war vom Inhalt begeistert. Er hätte also durch ein schlechtes Buchcover beinahe eines der größten Ereignisse der modernen Fantasy-Literatur verpasst. Weiterlesen

Horror vs. Terror

Terror vs Horror

Was der Unterschied zwischen Grauen und Schrecken ist, warum sichtbare Monster weniger gruselig sind, und wie der perfekte Horrorfilm aussehen könnte…

Ich hab da so ’ne Theorie: Die meisten Horror-Filme haben mit Horror eigentlich gar nichts zu tun. Wie ich darauf komme? Dazu muss ich ein klein wenig ausholen…

Eigentlich mag ich Horror. Ich habe definitiv ein Faible für das Morbide, Unheimliche und Albtraumhafte, allerdings fällt mir immer wieder auf, dass ich nicht besonders scharf auf die meisten Horror-Filme bin. Zum einen stressen sie mich, indem sie mich mit Schockeffekten malträtieren und zum anderen machen sie mich wütend, weil mich die sinnlose Grausamkeit seiner Protagonisten aufregt. Angst erzeugen diese Filme bei mir nur insofern, als dass sie mich einschüchtern. Aber sie geben mir nicht das, was ich unter Horror verstehe, und damit meine ich – das Grauen.

Grauen zu empfinden heißt, sich auf seine Angst einlassen zu können. Es heißt, sich für eine gewisse Zeit in eine Sphäre des Unheimlichen vorzuwagen, in der die Gesetze der Realität nicht gelten. Horrorfilme in diesem Sinne funktionieren daher vor allem über die Atmosphäre und die Handlung und nicht nur über Effekte und die Anzahl verstümmelter Leichen. Weiterlesen

Virtueller Urlaub

Virtuell

Wieso ich plötzlich glaube, bei Missgeschicken „neu laden“ zu können, warum Computerspieler ihre Umwelt stärker hinterfragen, weshalb Disneyland das Symbol unserer Wirklichkeit ist und an welchen nichtexistenten Orten ich gerne Urlaub mache.

Ich hab da so ’ne Theorie: Die Wirklichkeit ist zu (mindestens) zwei Dritteln virtuell. Anlass für diesen Gedanken war ein Spaziergang im Park Sanssouci in Potsdam, bei dem mir ein paar Dinge aufgefallen sind: Es dämmerte bereits und die untergehende Sonne leuchtete durch einige Wolken hindurch auf das Neue Palais. Wie ich so davor stand und sah, wie sich der klassizistische Bau mit seiner lachsrosa Fassade und dem dunklen, eleganten Kupfer-Turm leicht phantastisch vor den klaren Farben des Himmels abhob, dachte ich: „Toll, wie ein Palast in Vivec!“ Ein paar Minuten später ging ich eine dunkle Allee entlang, wo die Drosseln in den Bäumen riefen. „Schön, wie damals beim Alten Lager!“, schoss mir durch den Kopf. Beide Erinnerungen hatten ein angenehmes Gefühl in mir hinterlassen.

Vivec“ und das „Alte Lager“ sind natürlich keine Urlaubsorte irgendwo in Südeuropa, sondern existieren an gänzlich unzugänglichen Orten, nämlich in den Computerspielen „The Elder Scrolls III – Morrowind“ und „Gothic“. Bei beiden handelt es sich um Fantasy-Rollenspiele in Third-Person-Perspektive. Beide Spiele sind zudem in einer äußerst weitläufigen, frei begehbaren Welt mit Wäldern, Wiesen, Ruinen, Schlössern, Städten und Flüssen angesiedelt. Vivec heißt die aufs Meer gebaute Hauptstadt in „Morrowind“ und das Alte Lager ist das Zentrum des Gefängnis-Tals in „Gothic“, das durch eine magische Barriere von der Außenwelt abgeschnitten ist.

Ja, diese und noch ein paar andere Spiele haben meine Wahrnehmung der Realität verändert. Ich beobachte Wahrnehmungsphänomene wie die oben genannten bei mir schon seit ein paar Jahren: Plötzlich beginne ich reale Landschaften oder Gebäude mit Landschaften und Gebäuden diverser Spiele zu vergleichen und genieße die Ähnlichkeit mit der virtuellen Realität. Zum Beispiel als ich im Winter einmal feststellte, dass gewisse Eis- und Schneeflächen denen in „The Elder Scrolls IV – Oblivion“, sehr ähneln. Wohlgemerkt: Ich vergleiche nicht die Eisflächen im Spiel mit den realen, denen sie nachgebildet sind, sondern in umgekehrter Reihenfolge: Ich vergleiche die realen Eisflächen mit den virtuellen, so als seien erstere den zweiteren nachgebildet, oder als seien sie zumindest zwei gleichberechtigte Realitäten. Weiterlesen

Fantasy für Feiglinge und Gefangene

Fantasyboom erikwenk

Warum wir Fantasy der Science Fiction vorziehen, wieso unsere heutige Zeit mit den 80ern vergleichbar ist und weshalb wir die Hoffnung auf Technik aufgegeben haben.

Ich hab da so ’ne Theorie: Die gegenwärtige Popularität von Fantasy ist ein Symptom für die Angst vor der Zukunft. Das mag erst einmal etwas pathetisch klingen, aber ich kann es durchaus begründen. Inspiriert wurde ich zu diesem Blogpost übrigens von dem Film „Der Hobbit – Eine unerwartete Reise“, den ich vor kurzem gesehen habe und der mir noch einmal vor Augen geführt hat, welchen Stellenwert Fantasy heutzutage hat.

Zunächst mal ist Fantasy nicht erst seit kurzem sondern seit rund zehn Jahren angesagt. Als Hauptursache – was nicht ganz falsch ist – wird meist der Beginn der „Herr der Ringe“-Verfilmungen im Jahr 2001 genannt, aber es fing schon früher an. Die für mich prägende Erfahrung, durch die ich die klassische Fantasy mit all ihren Klischees lieb gewonnen habe, waren Computerspiele. Fantasy hat Computerspiele seit ihren frühesten Anfängen begleitet: Mitte der 70er hatte nicht nur Tolkien Hochkonjunktur, auch Pen & Paper-Rollenspiele wurden immer populärer. Kein Wunder, dass die von Studenten an Universitätsgroßrechnern erstellten Spiele oft Fantasy-Rollenspiele etwa nach dem Vorbild von Dungeons & Dragons waren (zu den frühesten zählen dnd (1974), Adventure (1976) und Zork (1977)). Vor allem in den 80ern wimmelte es vor Fantasy-Spielen: Ultima (1980), Wizardy (1981), The Bard’s Tale (1985), Legend Of Zelda (1986), Final Fantasy (1987), Pool Of Radiance (1988), uvm.

Anfang der 90er Jahren hingegen waren Fantasy-Rollenspiele ziemlich tot, doch Baldur’s Gate von 1998 löste eine bis heute andauernde Renaissance dieses Genres aus: Es folgte Baldurs Gate II von 2000 (das mich am meisten prägte), die Icewind Dale-Reihe (2000), die Diablo II (2000), die Gothic-Reihe (2001), Neverwinter Nights (2002),  die Dungeon Siege-Reihe (2003), Morrowind (2002) und Oblivion (2006) aus der Elder Scrolls-Reihe, der gefeierte dritte Teil von Warcraft III (2002) und das nicht minder gefeierte World of Warcraft (2004). Mindestens letzter Titel dürfte auch einer breiten Öffentlichkeit ein Begriff sein. Weiterlesen