Mehrsprech – „Würstchen-Prinzip“

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Kurz-Definition: Das Würstchen-Prinzip besagt, dass man besser nie wissen sollte, wie Dinge, die man mag, hergestellt werden oder zustande kommen – oder besser doch.

„Gesetze sind wie Würste – man sollte besser nicht dabei sein, wenn sie gemacht werden.“ (Otto von Bismarck). Dieser Vergleich ist leider allzu wahr, denn ebenso wenig, wie in Würstchen ausschließlich die qualitativ besten Zutaten verarbeitet werden (sondern eher Fleisch-Reste), sind Vernunft und Sachverstand die Hauptzutaten bei der Fabrizierung so mancher Gesetze (sondern eher Ideologie und Hinterzimmer-Deals). Grund genug vom „Würstchen-Prinzip“ zu sprechen, wenn es um akzeptierte und anerkannte Dinge geht, die ungern hinterfragt werden, weil ihr Ursprung fragwürdiger Natur ist. Weiterlesen

Verwirrung ist dein Freund

Verwirrung ist dein Freund

Warum eine einfachere Welt keine bessere wäre, wie Ockhams Rasiermesser Realität beschneidet, warum wir vor den falschen Dingen Angst haben, und was unsere Gesellschaft mit Hamlet gemein hat.

Ich hab da so ’ne Theorie: Eine einfache Welt ist auch eine ungerechte Welt. Unsere derzeitige Wahrnehmung ist jedoch genau umgekehrt: Die Welt scheint fortwährend komplexer und gleichzeitig unfairer zu werden – statt überschaubarer Nationalkriege gibt es internationalen Terrorismus ohne Kapitulation, eine immer unverständlichere Finanzwirtschaft vernichtet reale Werte, durch die Globalisierung wächst die Kluft zwischen arm und reich, etc. Und weil alles so komplex ist, haben wir das Gefühl, auf nichts mehr eine Antwort haben zu können, weil es zu viele Hintergründe und zu viele Meinungen gibt.

Ich beobachte selbst seit einiger Zeit, dass in unserer Gesellschaft eine Sehnsucht nach mehr Einfachheit und Klarheit herrscht, wie ich zum Beispiel in einem meiner vorigen Blogposts über den Fantasy-Boom betrachtet habe. Manifestiert hat sich diese Unsicherheit übrigens auch im Text eines bekannten Schlagers, der 2009 hoch und runter gedudelt wurde:

„Diese Welt ist schnell
Und hat verlernt beständig zu sein.

[…]

Gib mir ein kleines bisschen Sicherheit
In einer Welt in der nichts sicher scheint.
Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas das bleibt.“ („Irgendwas bleibt“, Silbermond)

Doch wir dürfen die Unübersichtlichkeit und Komplexität der Globalisierung keinesfalls fürchten und bekämpfen, sondern müssen uns voll auf ihre Seite schlagen. Diese Einsicht kam mir zuerst während meines Philosophiestudiums, von dem ich mir unter anderem Lösungen für die Probleme dieser Welt erhoffte. Doch die Antworten, die ich bei den Meisterdenkern der Antike und der Aufklärung fand, befriedigten mich nicht: Sie waren zu alt und zu einfach. Damit ging es mir genauso, wie dem postmodernen Philosophen Jean-François Lyotard, der die „großen Erzählungen“ der Moderne für gescheitert erklärte: Das Reich Gottes, Aufklärung, Rationalismus, Kommunismus, Freie Marktwirtschaft, … Sie sind zu simpel für diese immer komplexer werdende Welt, und müssen zwangsläufig scheitern. Die Sehnsucht nach solchen Erzählungen und Lösungen, die unser Weltbild ordnen und uns die Angst vor der Zukunft nehmen, ist immer noch da – auch bei mir. Aber ich kann ihnen nicht mehr glauben. Weiterlesen